Gestern hab ich im Bus die Mittagsnachrichten von Radio Steiermark gehört. Es ging um die Streiks bei Fluglinien und Eisenbahn in Deutschland. Und dann verkündete ein Reporter mit Grabesstimme, es drohe hier eine große Gefahr von sich radikalisierenden kleinen Gewerkschaften in Deutschland und dass daher jetzt versucht werde, mit gesetzlichen Mitteln zu verhindern, dass kleine Gewerkschaften so viel Macht erlangen können.
Der Mann hat vermutlich die Presseaussendungen der Konzerne oder der Regierung verlesen. Gedanken darüber, für wen diese Situation bedrohlich ist und woher die wirkliche Gefahr droht, dürfte er sich kaum gemacht haben. Oder empfindet er es wirklich als Bedrohung, wenn ArbeitnehmerInnen streiken? Als Bedrohung des sozialen Friedens, der doch schon viel mehr eine Grabesstille ist? Als Bedrohung seiner Illusion von Sicherheit? Oder ist er wirklich so gut gehirngewaschen? Denn als Journalist dürfte er doch eher zu der Gruppe von Menschen gehören, die großes Interesse daran haben müssten, wenn Gewerkschaften sich endlich wieder ihrer Macht besinnen.
Gerade, dass sie das so lange nicht getan haben, dass linke Parteien und Gewerkschaften in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht sind, ist ja der Grund für die ungleichen Machtverhältnisse, die heute herrschen. Die Ursache für viele Dinge, die vermutlich auch der Reporter nicht gut findet: Privatisierung öffentlicher Infrastruktur, Kürzung öffentlicher Ausgaben, stagnierende Löhne, zunehmende soziale Ungleichheit. Daher droht die wirkliche Gefahr. Und der Versuch, Arbeiterrechte mit gesetzlichen Maßnahmen zu beschneiden, sollte erst recht alle Alarmglocken läuten lassen. Klar sind die Streiks lästig und bringen Unannehmlichkeiten mit sich, aber gefährlich sind sie nur für die 1%.
Ich erwarte ja nicht, dass Radio Steiermark linksradikales Gedankengut verbreitet ;), aber ein wenig weiter denken, als nur Presseaussendungen wiederzugeben, könnte man vom öffentlich rechtlichen Rundfunk schon verlangen!