Bekanntlich hat ja Garret Hardin die angebliche Tragödie der Commons am Beispiel einer Schafweide beschrieben und dann fuhr ich an einen Ort, wo Schafe eine wichtige Einkommensquelle darstellen (siehe hier). Was lag also näher, als einschlägige Literatur mitzunehmen, genauer gesagt, den Schafkrimi Glennkill von Leonie Swann.
Schafkrimi, das heißt, dass eine Schafherde den überraschenden und scheinbar gewaltsamen Tod ihres Schäfers aufklärt. Diese scharfsinnige Schafherde ist in Irland beheimatet. Über Schäfer und ob diese Commoners sind oder nicht wird in dem Buch wenig ausgesagt, die besagte Schafherde besteht allerdings nicht aus „gewöhnlichen“ Schafen, weil auch ihr Schäfer kein gewöhnlicher Schäfer war. Er züchtete nicht irgendeine standardisierte Hochleistungsschafrasse, sondern hat seine Herde aus vielen verschiedenen Schafrassen mit vielen verschiedenen Eigenschaften zusammengewürfelt. Und er hat seinen Schafen regelmäßig vorgelesen, daher sind sie auch schlauer als die meisten anderen Schafe. Und gerade weil sie alle so verschieden sind, gerät die Aufklärung des Mordes zu einem Akt echter Peer-Produktion :). Weil alle das tun, was sie am besten können und weil es ihnen gelingt, die Vorteile dieser Vielfalt optimal zu nutzen und sie nicht versuchen eine Fähigkeit gegen die andre auszuspielen, können sie diese Meisterleistung vollbringen. Die „Weisheit der Vielen“ führt zum Erfolg.
Und dann ist da noch der große geheimnisvolle Widder, der plötzlich auftaucht und schon viel von der Welt gesehen hat, von dem sie lernen, selbst zu denken und sich nicht immer hinter der Herde zu verstecken. Die wichtigste und schwierigste Aufgabe, so erklärt er ihnen, ist, sich NICHT hüten zu lassen, also zu lernen, den eigenen Weg zu gehen. Und dann verbringen sie einen ganzen Nachmittag mit der schwierigen Übung, allen Versuchen, sie zu einer Herde zusammen zu treiben zu widerstehen :), worauf sie todmüde in den Schlaf sinken. Wäre vielleicht auch für Menschenkinder eine wichtige Übung? Ein Aufklärungsroman für Schafe, sozusagen, der aber auch einiges über Menschen aussagt.
Neben den aufregenden Erlebnissen und hintergründigen Überlegungen der Schafe gibt es nämlich auch längere Abhandlungen über das seltsame Verhalten und die beschränkten Fähigkeiten von Menschen aus der Sicht von Schafen. Auf jeden Fall: absolute Leseempfehlung. Und es gibt auch noch einen zweiten Band mit den Erlebnissen der Schafherde mit ihrer neuen Schäferin in Europa.