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Cradle-to-cradle II

Nachdem ich den letzten Beitrag gleich nach dem Kongress und voller Euphorie geschrieben habe, hier nun etwas reflektiertere Überlegungen, was dieses Prinzip bedeuten könnte (was nicht heißt, dass die Euphorie vorbei ist, aber Euphorie allein ist nicht genug ;-)).

Was bedeutet cradle-to-cradle?

Es gibt 3 Grundprinzipien:

  • Jedes Produkt ist Nahrung für ein neues Produkt
  • Nutzung erneuerbarer Energie, vor allem von Sonnenenergie, die in unerschöpflicher Menge vorhanden ist
  • Wertschätzung von Vielfalt und zwar biologisch, kulturell und Vielfalt an Konzepten für Produktion und Gesellschaft

Das Ziel ist Öko-Effektivität statt Öko-Effizienz.

Gibt es die gute Wegwerfgesellschaft?

Michael Braungart hat eine plakative und provokante Art seine Thesen vorzustellen. Wenn er sagt, vergesst Dinge wie Nachhaltigkeit, Suffizienz und Subsistenz, vergesst Ressourcensparen und den ökologischen Fußabdruck, mehr verbrauchen und mehr wegwerfen kann oft sinnvoller sein, dann dient das erst einmal der Publicity und ist keinesweges ein Aufruf zu unkontrolliertem und sinnlosen Konsumwahn. Sondern er setzt dem einen anderen Ansatz entgegen: wir sollen nicht weniger zerstören, sondern unsere Welt besser machen, nicht die falschen Dinge perfektionieren, sondern gleich die richtigen Dinge tun, nicht einen möglichst kleinen negativen Fußabdruck hinterlassen, sondern einen möglichst großen positiven.

Und wenn man sich dann genauer anschaut, was das bedeutet, dann sieht man – und das ist auch gut so – es ist eine Vielfalt von Lösungen. Für manche Dinge heißt es tatsächlich, damit die Produktionszyklen sich schließen können, damit man mit der Produktion von positiven Umwelteinflüssen vorankommt, ist eine hohe Durchsatzgeschwindigkeit, also schneller Verbrauch, wichtig. Diese Beispiele nutzt Baumgart dann für des Argument, dass Konsumieren und Wegwerfen gut sein kann.  Für andere Dinge bedeutet es einfach dasselbe, wie wir jetzt auch schon fordern, z.B. Transportwege einsparen oder keine Plastiksäcke verwenden. Wenn es um Dinge wie Kupfer geht, ein Metall, das für manche Zwecke unverzichtbar ist und auf der Erde nur in begrenztem Ausmaß vorhanden und das natürlich beim Recyclen weniger wird und auch an Qualität verliert, da ist es durchaus notwendig, langlebige Produkte zu designen und eben auch an Reparieren statt Wegwerfen und mieten statt kaufen, also „Sharing-Modelle“ zu denken. Für Nahrungs- oder Energieversorgung in regionalen Kreisläufen zu denken, kann durchaus auch manchmal Subsistenz bedeuten. Für den landwirtschaftlichen Bereich scheint mir Permakultur ein sehr gut kompatibler Ansatz zu sein. Solange wir noch keine „richtigen“ Lösungen wissen, ist es sicher besser in der Übergangszeit weniger Schaden anzurichten als mehr, also beim Effizienz-Gedanken zu bleiben. Und für manche Dinge finden wir vielleicht nie Lösungen, die Überfluss zulassen und müssen uns immer drauf beschränken, herauszufinden, wie wir mit dem was da ist, für alle auskommen, also Suffizienz anstreben.

Außerdem wissen wir nicht immer was gut ist und nützt, manchmal kommen wir auch erst später drauf, dass etwas schädlich ist und Fehler können und werden immer passieren. Ein wichtiges Prinzip ist daher, dass keine irreversiblen technischen Lösungen umgesetzt werden. Also, ein absolutes Nein zur Atomenergie und große Skepsis gegenüber der Gentechnik, auch nicht neu und war auch schon in den 70er und 80er Jahren ein Argument. Nanotechnologie, so meint Braungart, biete zwar große Möglichkeiten, müsse aber transparent und reflektiert angewendet werden, nicht so wie heute. Weil alle Stoffe in geschlossenen, kontrollierten Kreisläufen verbleiben, kann es auch nicht passieren, dass eventuell schädliche Stoffe ungeplant und unkontrolliert irgendwo in die natürliche Umwelt gelangen. Von der anderen Seite her zu denken, kann also in der Praxis trotzdem zu Lösungen führen, die wir auch jetzt schon verfolgen, umfasst alle die anderen, heute angestrebten Ziele und stellt sie unter eine neue Gesamtperspektive, steht aber nicht grundsätzlich gegen sie.

C2C ist eine Antwort auf die Probleme, die in „The story of stuff“ angesprochen werden, nämlich die Produktion in linearen Abläufen zu denken. Produkte sind „Waren“, die das  Ende der Produktionskette darstellen, um die sich niemand mehr kümmern muss, daher brauchen wir für jedes neue Produkt wieder neue Rohstoffe. Da bekommen wir dann natürlich ein Problem, wenn immer mehr Menschen immer mehr Dinge brauchen oder zumindest haben wollen.

Öko-Effektivität – wir sind kein Schaden für die Natur, sondern Teil von ihr

Alles in Allem also, könnte man sagen, lauter Dinge, die eh klar sind und nicht wirklich revolutionär. Oft sind sie auf die banale Aussage zu reduzieren, es gehe darum keine „dummen“ Sachen zu machen, sondern „kluge“. Es ist dieser andere Ausgangspunkt, der alles ändert. Sich von Anfang an nicht der Frage der Effizienz zu widmen, also wie kann ich mit möglichst wenig Verbrauch möglichst viel herstellen (was ja genau der kapitalistischen Logik entspricht und daher nicht in Frage gestellt wird), sondern der Frage der Ökoeffektivität, nämlich, wie können wir mit dem, was wir für ein gutes Leben brauchen, auch der Erde, der Umwelt nützen, verändert das ganze System. Dass das keine Illusion ist, sieht man an den praktischen Beispielen. Es ist eher eine Frage, worauf Forschung ausgerichtet ist.

C2C ist ein ganzheitlicher Ansatz, der die ganze Gesellschaft und die natürliche Umwelt betrifft. So wie wir sagen, in Commons nützt das, was einem nützt auch dem anderen, sagt C2C was den Menschen nützt, nützt auch der Umwelt. Auch diese beiden Dinge werden nicht gegeneinander ausgespielt, es ist nicht so, dass alles was uns nützt und unser Leben besser macht, automatisch Umwelt aufbraucht oder zerstört, sondern diese beiden Dinge werden positiv miteinander verknüpft. Wir brauchen uns dann nicht mehr so klein wie möglich zu machen, immer das Gefühl haben, dass unsere bloße Existenz schon schädlich ist, dass es für die Erde besser wäre, wenn wir gar nicht da wären.

Der systemverändernde = revolutionäre Aspekt kommt in Braungarts Vortrag gerade so viel vor, dass ihn die hören können, die das wollen. Er kommt gerade so wenig vor, dass ihn die überhören können, die ihn lieber nicht hören wollen, das heißt, dass Förderungen von EU und Ministerien möglich sind. Halt ich für eine relativ gute Strategie. Da kann er dann zum Schluss auch noch anfügen, dass es natürlich auch nicht so sein dürfe, dass die Profite privat angeeignet und die Risiken sozialisiert werden, das ist ja heute schon salonfähig, dazu muss man nicht „links“ sein. Ich weiß übrigens nicht, ob Braungart „links“ ist, er ist Chemiker und keine Politiker. Aber dass eine andere Produktionsweise Gesellschaft und Menschen verändert, dass weiß er ganz sicher und das will er auch.

Also stellt sich die Frage: ist das jetzt wirklich der Systemwandel und ist es das Ende des Kapitalismus? Ich würde sagen, ja es wäre auf jeden Fall ein Systemwandel, wenn wir als System den ganzen Komplex von (Re)Produktion, politischer Regulierung und Wissens- und Wertesystem betrachten. Wobei ich Letzteres für das Wichtigste halte. Es ist wahrscheinlich nicht möglich, alles was wir jetzt tun, auf diese Weise zu organisieren, aber es ist vermtutlich auch nicht nötig, weil wir es in einem neuen Wissens- und Wertesystem nicht mehr tun würden. Aber damit wir dorthin kommen, müssen wir eben all die strukturellen Dinge auch verändern, die das aktuelle Wissens- und Wertesystem immer wieder reproduzieren. Das wäre nicht unbedingt das Ende des Kapitalismus, auf jeden Fall aber, um mit Elmar Altvater zu sprechen, „das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen.“

Systemwandel I – Kooperation statt Konkurrenz

Wenn das Kriterium für wirtschaftlichen Erfolg nicht Effizienz ist, erübrigen sich viele Dinge, der wir derzeit als extrem nachteilig für Natur und Gesellschaft ansehen, z.B. die Auslagerung von Produktion in Billiglohnländer, weil wir uns ja dadurch die Möglichkeit nehmen, einen positiven Fußabdruck bei uns zu hinterlassen. Oder, dass Dinge um Exportsubventionen zu erhalten, rund um die Welt geschickt werden, weil die CO2-Belastung durch den Transport miteinberechnet würde. Wenn wir Öko-Effektivität erreichen wollen, müssen zudem alle Unternehmen der Produktionskette zusammenarbeiten, das wurde in allen Vorträgen und Beispielen klar. Und es wurde immer wieder betont, es könne nur funktionieren, wenn es immer mehr Unternehmen werden. Und wenn eben, wie schon im letzten Beitrag betont, auch die sogenannten KonsumentInnen, also die NutzerInnen der Produkte und die öffentlichen Einrichtungen die jetzt für Abfallentsorgung und Energiebereitstellung zuständig sind, dementsprechend mitmachen. Es reicht nicht, auf dem Markt erfolgreich zu sein, es müssen sich alle um den Erhalt geschlossener Produktionskreisläufe bemühen. Die Firmenvertreter haben auch immer wieder betont, dass sie natürlich voneinander einkaufen, weil das, auch wenn es nicht die billigste Lösung ist, die eigene Firma dem C2C-Ziel wieder ein Stück näher bringt, weil sie gegenseitig damit zu Teilen des jeweiligen Produktzyklus werden. Da reden lauter Unternehmer und verwenden die gleichen Argumente und Strategien, wie wir sie in Bezug auf solidarische Ökonomie verwenden.

Systemwandel II – von C2C zu P2P

Michael Braungart nennt C2C nicht eine Produktionsweise, sondern eine Art von Design. Es muss also passieren, bevor das Ding in Produktion geht, man muss davor überlegen, was das Produkt über seinen ganzen Lebenszyklus können soll und dabei müssen alle Betroffenen sich auch beteiligen, auch über partizipatives Design wurde gesprochen. C2C als Design wäre eine Möglichkeit, die Peer-to-peer-Produktionsweise auf die Produktion stofflicher Güter zu übertragen. Ein Zusatzaspekt: genaus so, wie die erste industrielle Revolution erst zur Erfolgsgeschichte werden konnte, als Ford draufkam, dass er seinen Arbeitern so viel bezahlen musste, dass sie seine Autos auch kaufen konnten, gilt das auch hier. Das hab ich ja auch schon im letzten Beitrag angesprochen. C2C-Produkte sind im mittleren Preissegment angesiedelt, wenn die Löhne immer weiter gedrückt werden, dürfte es schwer möglich sein, dass sich das in der ganzen Gesellschaft durchsetzt. Das ist also auch eine Verteilungsfrage und damit auch eine Antwort auf die Frage, wie wir von P2P-Produktion leben können – im digitalen Bereich und in der Wissensökonomie funktioniert es ja durchaus schon so.

Systemwandel III – in die richtige Richtung gehen

Ein anderer gesellschaftspolitischer Aspekt, den Braungart auch angesprochen hat, ist: heute wollen immer weniger junge Menchen technische Berufe ergreifen, Chemie oder Biotechnologie studieren, weil sie das Gefühl haben, damit hauptsächlich negative Auswirkungen hervorzurufen, für Natur und Menschen. Er formuliert das auf seine pointierte Art: es sei die „ich-bin-doch-nicht-blöd“-Generation, die nicht bereit sei, sich an dem, was sie an der Gesellschaft stört, auch nocht aktiv zu beteiligen. Auch ich sehe es ja so und hab es auch hier schon öfter geäußert: man kann kaum noch einen bezahlten Job finden, mit dem man nicht zu der falschen Entwicklung beiträgt, die die Gesellschaft nimmt, das heißt, wir müssen uns erst am Weg in die falsche Richtung beteiligen, damit wir die Ressourcen bekommen, um in die richtige Richtung gehen zu können. Daher können wir eigentlich nur darauf hinarbeiten, uns weniger von der Lohnarbeit abhängig zu machen und statt dessen parallel dazu eine alternative Produktionssphäre aufzubauen. Dass das schwierig ist und immer widersprüchlich, das wissen wir inzwischen alle. Organisieren wir Produktion nach dem C2C-Prinzip hätten TechnikerInnen und FabrikarbeiterInnen und letztlich alle von uns wieder das Gefühl, in die richtige Richtung unterwegs zu sein und es würden sich auch mehr Leute daran beteiligen und hoffentlich auch wieder für Beteiligung an gesellschaftlichen und politischen Prozessen interessieren. Es gäbe ein neues gemeinsames Ziel, eine neue Basis für einen Klassenkompromiss, so wie es nach dem Krieg das Ziel des Wohlstandes für alle war.

Kapitalismus 4.0?

Das ist jetzt, so gesehen, natürlich genau nicht das Ende des Kapitalismus, sondern könnte auch seine Wiederauferstehung sein, aber, wie ja schon oben erwähnt, auch die Arbeitsverhältnisse würden sich ändern in Richtung einer P2P-Produktion und es braucht auch mehr Mitbestimmung und Mitgestaltung durch alle sogenannten „Stakeholder“. Und ein weiterer Aspekt, den Braungart immer wieder betont, ist die Notwendigkeit, Vielfalt zuzulassen, dass es eben nicht ein Modell für alle gibt. Wenn es etwa um Energieproduktion und Nahrungsmittelproduktion, also um natürliche Kreisläufe geht, dann spricht er auch klar von regionalen Produktionszyklen und von Dezentralisierung. Es gab auch ein schönes Beispiel einer als Commons organisierten Abwasserkläranlage in einem Slum, aus der die Menschen irgendwas Nützliches gewinnen, mit dem sie sogar Geld verdienen können. Ich hab jetzt in der Fülle der Informationen tatsächlich vergessen, wo und was das genau war, muss ich mich noch drum kümmern. Auch die Vermehrung von fruchtbarem Ackerboden war ein ganz wichtiges Thema und das kann sicher nicht im Modus industrieller Produktion geschehen. Andererseits spielen für diese technischen Materialkreisläufe die „economics of scale“ schon auch eine Rolle, es muss eine gewisse Größe erreicht werden, damit das auch funktioniert.

C2C sagt also noch nichts über das Eigentum an Produktionsmitteln aus, lässt aber auf jeden Fall mehrere Formen nebeneinander zu – siehe oben: Vielfalt ist nicht nur erlaubt, sondern notwendig für die Zielerreichung. Und es sagt ja niemand, das industrielle Produktion auf ewig so organisiert sein muss, dass die einen das Geld haben und die anderen für ihre Arbeit bezahlen. Außerdem, was ich auch in der Commons-Diskussion immer wieder sage, wenn wir die Energie- und die Lebensmittelversorgung in lokalen Kreisläufen sicherstellen, wenn wir die Wirtschaft demokratisieren, dann spielen letztlich die rechtlichen Eigentumsverhältnisse eine untergeordnete Rolle.

Und was in diesem ganzen Modell überhaupt noch fehlt, ist die Gestaltung des Sozialen. Ich denke ja, dass eine solche Produktionsweise auch andere sozialen Beziehungen, andere Werte, andere Verhaltensweisen hervorbringen würde, weil wir doch immer sagen, die Struktur einer Gesellschaft bestimmt das Verhalten der Menschen und nicht umgekehrt. Manche Probleme würden also vielleicht gar nicht mehr auftreten. Wir müssten uns aber trotzdem noch überlegen, wie ein Gesundheits- und Sozialsystem ausschauen müsste, das in so eine Gesellschaft passt, das am besten auch nach der P2P-Methode funktioniert.

Systemwandel IV – Die Fülle des menschlichen Potenzials nutzen

Und es gibt noch einen Aspekt, in dem wir das volle Potential keineswegs ausnutzen, sondern eher an seiner Entfaltung hindern und das ist das „Humankapital“. Wir schließen ja derzeit eine große Zahl von Menschen überhaupt aus und lassen sie gar nicht wirklich teilnehmen an der Reproduktion unserer Gesellschaft. Junge Menschen dürfen nur über einen harten Konkurrenzkampf rein und unter prekären Bedingungen, wer 50 ist wird auch wieder rausgedrängt und die ganz Alten und die ganz Jungen sperren wir weg, weil sie dem Leistungsprinzip nicht genügen. Dann werden sie zum Kostenfaktor. Und diejenigen, die Arbeit haben, die dürfen ihr Potential auch nur in einem ganz engen Spektrum einsetzen, nämlich so, dass es Profit und Wachstum bringt. So organisieren wir auch unser Bildungssystem – möglichst schnell zu möglichst gut verwertbarem Wissen kommen, nur ja nicht zu viele junge Menschen heranbilden, die selbständig denken können – welche Vergeudung von Potential für gute Ideen für die Zukunft! Sowohl in der Commons-Diskussion als auch in der C2C-Diskussion heißt es: wir brauchen alle eure Kräfte und guten Ideen, jede und jeder kann etwas beitragen. Auch das würde uns, denke ich, viele soziale Probleme ersparen und vor allem ein P2P-Bildungssystem, das staatlich gefördert wird, das ist vielleicht das Bildungssystem der Zukunft!

Die Konturen des Neuen

Es scheint also – und das ist mir sehr sympathisch, weil es eben nicht ein Wirtschaftsmodell hegemonial macht -, dass sehr unterschiedliche Produktionsweisen unter dem Paradigma C2C möglich und vermutlich sogar notwendig sind. Es könnte den Anforderungen an eine neue Gesellschaftsordnung entsprechen, wie sie Franz Nahrada hier beschreibt:

„… in der der Mensch nach wie vor mit dem Nichtverfügbaren der Natur als ewigem Dialogpartner und Konterpart konfrontiert ist – nicht um sich ihr zu unterwerfen oder vor ihr zu kapitulieren, sondern um in immer neuer Form mit ihr ein dynamisches Spiel der Umgestaltung und Transformation zu spielen, durch das er selbst erst Zugang zur Quelle seiner Lebendigkeit findet.“

Klar, vieles ist noch offen, wie es werden wird, wissen wir nicht, aber es zeichnet sich doch ein Weg ab. C2C als Designmodell für technische Produktion, Permakultur für die landwirtschaftliche Produktion, P2P-Produktion als Produktionsweise und Commons als der politische Rahmen für Entscheidungsfindung, Rechts- und Eigentumsformen – das klingt nach vielversprechendem und zukunftsfähigem Gesellschaftsmodell. Der geschlossene Produktkreislauf wäre ein Commons um dessen Erhaltung und Verbesserung sich alle Beteiligten bemühen, das immer wieder reproduziert werden muss. Andere Commons wären natürliche Kreisläufe, die wir unterstützen anstatt sie zu zerstören, Artenvielfalt und das Wissen um alle diese Dinge, das allen zugänglich sein müsste, und vieles mehr. Für die praktische Herstellung der Dinge können unterschiedliche Produktions- und Verteilungsformen existieren, es könnten in einem Produktkreislauf auch unterschiedliche Formen integriert sein. Etwa Energie aus einem genossenschaftlich organisierten Windkraftwerk, Wasserversorgung und Abwasserreinigung über kollektiv verwaltete Anlagen, die Produktion selbst als „normales Unternehmen“, usw. Die in diesem Prozess hergestellten Produkte könnten durchaus verkauft werden, aber auch die Märkte hätten diesem Produktkreislauf zu dienen und nicht der Profitmaximierung, und verkauft wird häufig nicht das Produkt, sondern das Nutzungsrecht. Auch auf globalen Märkten wäre der direkte Kontakt zwischen den einzelnen Beteiligten wichtig, dafür brauchen wir auch die digitalen Medien und Netzwerke.

Der herrschaftskritische Blick

Und das Wichtigste, das wir vielleicht aus der Zeit von Fordismus und Sozialstaat lernen können ist, dass alle gesellschaftlichen Kompromisse, die wir erreichen, so gut sie auch sein mögen, nie für immer sind (darum ist es auch notwendig, den Sozialstaat in Frage zu stellen, wenn wir seine Funktion erhalten wollen). Wenn es so etwas wie ein gesellschaftliches „Naturgesetz“ gibt, dann ist es meiner Meinung nach das: wo Macht und Geld (oder allgemeiner Ressourcen) sind, da kommen immer mehr Macht und Ressourcen dazu. Gesellschaften tendieren also, auch wenn sie von flachen Hierarchien starten, was ohnehin selten genug der Fall ist, in Richtung sich vergrößernder sozialer Ungleichheit und sich immer mehr verdichtender Herrschaftsverhältnisse. Nicht weil die Menschen böse sind, sondern einfach weil, wenn jemand viele gute Ideen hat und gut reden kann, er Entscheidungen immer besser beeinflussen kann, ihm dann oft auch Führungsaufgaben zugeteilt werden, er sich dann immer besser auskennt und das ganze in seine Richtung lenken kann, usw. Bei Geld ist es da gleiche, irgendwie ist das wie Schwerkraft. Und weil wir ja immer Machtungleichgewichte haben, auch in den besten und demokratischsten Institutionen, dürfen wir uns nie auf dem ausruhen, was wir erreicht haben und glauben, das sei jetzt die endgültig beste Lösung. Auch die bürgerliche Demokratie war sicher am Anfang kein schlechtes Modell, inzwischen haben sich dort Herrschaftsstrukturen verfestigt und sie funktioniert nicht mehr so, wie sie gedacht war. Ich bin sicher, dass das auch in Commons so passieren kann.

Deshalb ist es wichtig, immer wachsam zu bleiben, immer aktiv dieser gesellschaftlichen „Schwerkraft“ entgegen zu wirken (denn weil es sich eben um ein soziales Phänomen handelt, ist es, anders als „echte“ Naturgesetze, auch beeinflussbar), damit sich Macht und Geld nicht wieder leise und schleichend bei einigen konzentrieren, weil das oft auch für die anderen bequemer ist, damit nicht wieder ein Denkmodell sich auf alle Bereiche übertragen kann, weil seine Vertreter besser überzeugen können. Wir brauchen sozusagen eine Instanz zur Sicherstellung von Vielfalt, Heterogenität und flachen Hierarchien. Durch Bildung und politische Mechanismen den herrschaftskritischem Blick fördern, Menschen, die Warnungen aussprechen, ernst nehmen und nicht als Nestbeschmutzer und Gefahr für den sozialen Frieden zu sehen, das müsste ein zentrales Anliegen für eine neue Gesellschaft sein.

Hier noch ein hübsches Video:

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100 Grüne Dächer für Graz – Infovideo from Andreas Förster on Vimeo.

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