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Permakultur – wenn es nur Nützlinge gibt

Ich hab es ja hier schon einmal geschrieben:

„C2C als Designmodell für technische Produktion, Permakultur für die landwirtschaftliche Produktion, P2P-Produktion als Produktionsweise und Commons als der politische Rahmen für Entscheidungsfindung, Rechts- und Eigentumsformen – das klingt nach vielversprechendem und zukunftsfähigem Gesellschaftsmodell.“

Weil ich es aber genau wissen wollte, hab ich am vergangenen Wochenende einen Permakultur-Grundkurs besucht. Und ich habe dort nicht nur wieder viele interessante Menschen kennen gelernt, sondern ich wurde auch in meiner Annahme bestätigt.

Permakultur ist viel mehr als eine nachhaltige Form der Landwirtschaft. Permakultur heißt auch nicht einfach Gemüse selbst anbauen. Permakultur ist ein Gestaltungsprinzip (auch hier die Parallele zu C2C), eine Lebenseinstellung – und vor allem, Permakultur ist ein Naturverhältnis. Ein gesellschaftliches Verhältnis zur Natur, das Natur nicht als Ressourcenpool sieht, sondern als Kooperationspartner. Ja, wirklich, aus der Sicht der Permakultur gibt es keine Schädlinge in der Natur, die man bekämpfen müsste, sondern alles, jede Pflanze, jedes Tier, alle Mikroorganismen, haben ihre spezielle Aufgabe. Und nur wenn alle ihre Aufgaben optimal erfüllen können, dann kann die Natur soviel Überschuss produzieren, dass auch wir davon satt werden. Bevor wir also anfangen können unser Gemüse anzubauen, müssen wir zuerst gute Lebensbedingungen für unsere „Kooperationspartner“, für alle Nützlinge im Garten schaffen, dann kann auch unser Gemüse gut wachsen.

Und wenn wir immer mehr Menschen werden, die die Natur ernähren soll, dann dürfen wir nicht immer mehr Grund für unsere Zwecke nutzen, nicht immer mehr von der Natur „herauspressen“ wollen, sondern müssen schauen, dass es der Natur umso besser geht, damit sie immer mehr Nahrungsmittel für uns erzeugen kann. Die erste Voraussetzung für die Sicherstellung der menschlichen Ernährung ist die Erhaltung der ganzen natürlichen Artenvielfalt. Also ziemlich genau das Gegenteil dessen, was wir jetzt machen – aber das wissen wir eh.

Aber was schon faszinierend ist und was ich ja in Zusammenhang mit der Cradle-to-cradle-Sache schon vermutet hatte: es geht nicht nur darum, so wenig wie möglich Schaden anzurichten, wir können und wir müssen natürliche Ressourcen verbessern und vermehren. Also durchaus wieder – positiver Fußabdruck

Da wurde ein Beispiel aus Zimbabwe erzählt, vom Chikukwa Ecological Land Use Trust (CELUCT) (auch eine schöne Geschichte von der Enteignung und Wiederaneignung eines Commons): nach der Abholzung eines Bergwaldes sind die Quellen am Fuße des Berges versiegt. Etwa 1000 Familien waren davon betroffen. Durch Zufall ist ein Permakultur-Mensch darauf aufmerksam geworden. Er hat vor 30 Leuten einen Vortrag gehalten, ihnen den Zusammenhang erklärt, zwischen Wald und Wasserkreislauf und ihnen gesagt, das Wasser würde wiederkommen, wenn sie den Wald aufforsten. Die 30 haben begonnen, sie haben ihr Wissen an die anderen weitergegeben und nach und nach haben viele mitgemacht. Und die Quellen sind tatsächlich wiedergekommen. Es wurde dann ein Permakulturzentrum errichtet, wo die Menschen ihr Wissen mit anderen teilen können und ihr Land und die Quellen gemeinsam nach den Prinzipien der Permakultur bewirtschaften. Hier ein Link zu tollen Permakulturprojekten in Zimbabwe.

Die Artenvielfalt, die fruchtbare Erde können wir vermehren, den CO2-Gehalt der Luft können wir reduzieren – und nicht durch neue Technologien, die wieder anderen Schaden anrichten, sondern durch Vermehrung von Bäumen und Grünpflanzen. Das ist das Ziel der Initiative Blattwerk. Sie will vermitteln, dass wir überall wo wir wohnen und leben unser „Stückchen Land“ für den Klimaschutz arbeiten lassen können. FÜR den Klimaschutz, wir können dem Klima NÜTZEN und nicht nur so WENIG wie möglich SCHADEN!

Und auch hier klingt wieder diese Idee des Überflusses an. Überfluss bedeutet nicht, sinnlos zu konsumieren oder wild drauf los zu bauen. Aber – wir dürfen nicht geizig sein, nicht so effizient wie möglich produzieren, also alles was wir irgendwie erwischen können uns holen. Wir müssen mehr produzieren, als wir brauchen, wir müssen der Natur auch etwas übrig lassen, mit ihr teilen, die Vögel an den Beeren mitnaschen lassen und sie nicht verjagen – denn nur dann bleiben sie da und fressen die Insekten, Pflanzen stehen lassen – nur dann können sie den Boden abdecken und verschiedenen Tieren als Nahrung dienen, nur den kleineren Teil des Gartens für unsere Nahrungsproduktion nutzen und den größeren Teil so organisieren, dass möglichst viele Arten sich möglichst optimal entwickeln können.

Und das sind die Permakultur-Leitsätze:

  • Langfristig statt kurzfristig
  • Vielfalt statt Einfalt (das sagen wir auch bei den Commons)
  • Effektivität statt Effizienz (das hatten wir schon bei C2C)
  • Optimieren statt Maximieren (= Begrenzung von Wachstum)
  • Kooperation statt Konkurrenz (ja – auch das!)

Das kennen wir schon, da gibt es viele Ähnlichkeiten mit den Commons-Prinzipien. Die Sache mit der Vielfalt leuchtet ein. Das mit der Kooperation vielleicht nicht sofort. Aber: es geht den Permakultur-Leuten auch darum, dass wir unabhängiger vom kapitalistischen Marktsystem werden. Und da ist ganz klar, alleine können wir diese Lebensweise nicht umsetzen, auch nicht durch verantwortungsvolles Kaufverhalten. Nur durch Kooperation, nur wenn wir uns mit anderen zusammentun, können wir regional geschlossene Kreisläufe erreichen. Die uns selbst unabhängiger machen von globalen Krisen, sei es wirtschaftlicher oder ökologischer Natur, und die gleichzeitig die globalen Commons Ackerland und Athmosphäre schützen, bzw. noch verbessern. Und darum heißt auch ein Modul des ganzen Kurses „Kooperationen in Dorf und Stadt“. Denn:

Die Kernkompetenz der Permakultur ist das Gestalten von Kulturlandschaft und menschlichen Siedlungen nach dem Vorbild der natürlichen Ökosysteme zu selbst versorgenden, selbst erhaltenden und selbst regulierenden Systemen, die Nahrung geben ohne (fossile) Energie zu verbrauchen – regional und weltweit.

Da versteht man dann auch, dass die Transition-Bewegung aus der Permakultur entstehen konnte. Und wenn wir das auch noch für die Menschen schaffen würden – keine Sozialschmarotzer mehr, keine Arbeitslosen, die mit Gewalt „wettbewerbsfähig“ gemacht werden müssen, sondern Lebensraum für alle, damit sie sich bestmöglich entfalten können für eine Gesellschaft in Vielfalt und Überfluss?

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