Massimo de Angelis blogt aus Ecuador – und es ist geht ihm ähnlich wie mir, er sieht er überall commons 😉 – wobei die dort vermutlich wirklich noch weiter verbreitet sind als bei uns.
http://www.commoner.org.uk/blog/?p=238
http://www.commoner.org.uk/blog/?p=237
http://www.commoner.org.uk/blog/?p=236
Lesenswert ist es allemal, die Theorie an Hand der Praxis gleichzeitig zu erklären und zu entwickeln ist nicht nur aufschlussreich sondern auch unterhaltsam und erinnert mich an vieles, worüber ich so auf der Italienreise nachgedacht habe.
Bemerkenswert vor allem Massimos Beschreibung vom Markt als common (im 2. der 3 Beiträge). Der Marktplatz weist alle Merkmale eines commons auf, wie klare Zugangsregeln, die Nutzergemeinschaft, die ihn erhält, gestaltet und die Regeln macht und überwacht. Die gemeinsam genutzte Ressource, der überdachte Platz, wird durch die dort stattfindenden Aktivitäten und Interaktionen zum sozialen Lebensraum, der den Menschen die Möglichkeit bietet, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Der Platz gehört der Stadt. Das beeinflusst zwar die Zugangsregeln, schließt aber nicht aus, dass er als common genutzt wird, von den Menschen, die die Berechtigung erlangt haben. Die Tätigkeit des commoning hängt also nicht von den Eigentumsverhältnissen ab, wohl aber die Zugangsregelung. Für diejenigen, die drinnen sind, verstärkt sich durch das gemeinsame Auftreten die Position gegenüber der Politik. Zugang zu commons und ihre Erhaltung sind immer auch Machtfragen.
Innerhalb des Marktes gibt es Regeln, die den Wettbewerb zwischen den dort Handelnden auf ein Minimum reduzieren. Etwa befinden sich alle Stände, die dasselbe verkaufen, Brot, Käse, Fisch, usw., nebeneinander und alle haben die gleichen Preise.
Aber ist es wirklich berechtigt, bei einem Markt von einem common zu sprechen? Und was unterscheidet einen Markt als common von einem „kapitalistischen“ Markt, auf dem es um Profit und Wettbewerb geht?
Massimo beschreibt einige Dinge, die diesen Markt – und natürlich noch viele ähnliche – zu commons machen. Wenn auch auf diesem Markt Dinge verkauft werden, so ist das doch nicht das einzige, ja genau genommen noch nicht einmal das Wichtigste, was hier passiert. Es gibt zahllose Tätigkeiten, die alle Marktteilnehmer gemeinsam erledigen müssen, damit er funktioniert, es gibt viele Interaktionen, die nichts mit dem direkten Warenaustauschprozess zu tun haben, sondern vielmehr Beziehungen, also den sozialen Austausch fördern. Gegenseitige Unterstützung ist wichtiger als Konkurrenz. Dann werden hier hauptsächlich Produkte aus Familienbetrieben verkauft, der kleinsten Einheit von commons sozusagen. Diese Famlienbetriebe kommen hier zusammen, um ein common einer höheren Ordnung zu bilden, das eine Art Pool darstellt, in dem die Erzeugnisse aller Familien zusammenfließen und verteilt werden. Und das offensichtlich zu Preisen, die man sich untereinander ausmacht und die daher auch ausreichen sollten, um den Lebensunterhalt der Menschen zu decken.
Im Gegensatz zu den anonymen und abstrakten Beziehungen des kapitalistischen Marktes, auf dem angeblich die „unsichtbare Hand“ regiert, gibt es hier lebendige Beziehungen und gemeinsame Verantwortung für die Bedürfnisse aller.
Ganz wichtig scheint mir aber noch zu sein, dass auf solchen Märkten – auch bei uns – ProduzentInnen und KonsumentInnen direkt zusammen kommen. Das ist der große Unterschied zum Supermarkt. Informationen können direkt ausgetauscht, Preise wohl auch einmal individuell verhandelt werden. Das ist ja auch bei uns auf den Bauernmärkten noch so und auch dort helfen sich die Menschen gegenseitig so gut wie möglich. Und diese Art der „Vermarktung“ ermöglicht sicher keine allzugroße Akkumulation von Kapital, es sei denn von sozialem.
ich finde es immer hilfreich, den „Marktplatz“ als commons zu beschreiben, nicht „den Markt“, um Verwechslungen vorzubeugen. 🙂
Ich habe mir das auch überlegt, aber ich bin zu dem Schluss gekommen, es ist nicht nur der Marktplatz, der das common ist, sondern mehr. Eben auch die Art und Weise, Wettbewerb zu minimieren, sich gegenseitig zu unterstützen, wie Kontakte gepflegt werden und – wie Massimo es schreibt – eben die Erzeugnisse der Familienbetriebe in einer Art „pool“ zusammengführt werden, usw. Und letztlich gehören auf solchen Märkten eben auch die Kunden zu den „commonern“. Zumindest bei uns, wo es ausreichend andere Einkaufsmöglichkeiten gibt, ist es auch wichtig, dass es Menschen gibt, die den persönlichen Kontakt zu den Produzenten schätzen.
Es geht meiner Meinung nach eindeutig nicht nur um den Platz, sondern darum, wie man den „Markt“, d.h. den Raum der Austauschprozesse, organisiert. Obwohl es mir schon auch komisch vorkommt, einen „Markt“ als „common“ zu bezeichnen, klingt irgendwie wie ein Widerspruch in sich. Aber das ist nur so, wenn wir vom kapitalistischen Markt als anonymen, abstrakten Ort ausgehen.
Ich finde das auch deshalb interessant, weil es zeigt, dass durchaus auch Dinge gegen Geld verkauft werden können, und trotzdem wir die Funktion eines common erfüllt und es funktioniert auch weitgehend so. Das macht es leichter, sich vorzustellen, wie wir den Bereich der commons in modernen Gesellschaften ausweiten können.
Das sehe ich ganz genauso. Es geht nicht einfach um die räumliche Dimension, sondern – wie immer bei den commons – um die soziale. Diese Arte von Märkten folgen einer anderen Logik und doch können wir das kaum Marktwirtschaft nennen (obwohl es ja im Wortsinn eine ist), weil das einen Haufen Missverständnisse produziert. Marktplatzwirtschaft also, Marktplatzwirtschaft ist commoning.