Ich bin ja häufig nicht einer Meinung mit Hans Rauscher (nur dann, wenn es gegen Rassismus und Rechtsextremismus geht), aber ich habe ihn bisher eigentlich immer für einen gescheiten Menschen gehalten mit einem liberalen (für meinen Geschmack zu wirtschaftsliberalen) Weltbild. Sein Kommentar heute im „Einserkastl“ das Standard lässt mich allerdings daran zweifeln.
Es geht um die Idee eines reichen Italieners, die Bürger sollten doch dem Staat aus der Schuldenkrise helfen, indem sie Staatsanleihen aufkaufen.
„Wir sind alle mitschuldig an dem Defizit: nicht bezahlte Steuern, Schwarzfahren, Missbrauch bei Gesundheitsleistungen etc. Wenn jeder für 4500 Euro kauft, sind die Staatsschulden gedeckt.“
Und Rauscher zieht Parallelen zu Österreich.
Das Geldvermögen der privaten Haushalte in Österreich betrug 2009 rund 430 Milliarden (davon müssen rund 145 Milliarden Schulden abgezogen werden). Die Staatsschulden der Republik belaufen sich derzeit auf etwa 216 Milliarden. Das geht sich also aus, wenn jeder sich ein Beispiel an der Melani-Lösung nimmt.
Diese Idee klingt für mich eher nach einer gefährlichen Drohung.
1. Das „wir sind alle mitschuldig“ lässt wieder einmal die systemischen Ursachen und die Machtverhältnisse außer acht. Ich weigere mich, auch nur ein Tausendstel Prozent Schuld an der Finanz- und Wirtschaftskrise auf mich zu nehmen. Ich habe ganz sicher nicht über meine Verhältnisse gelebt, noch nie in meinem Leben.
2. Wie ist denn dieses Privatvermögen verteilt? Es kann sich nicht „jeder“ – und noch viel weniger „jede“, denn bei der Vermögensverteilung gibt es auch große Geschlechtsunterschiede – an diesem Bail-out beteiligen, sondern eben nur die 10%, die mehr als 50% des privaten Reichtums unter sich aufteilen, überproportional vermutlich jenes 1%, das 34% des Reichtums sein Eigen nennt. Und die dann sozusagen den Staat „besitzen“ – keine sehr beruhigende Vorstellung.
3. Staatsanleihen aufzukaufen bedeutet ja nicht, dass die Staaten dann keine Schulden mehr hätten, es bedeutet nur eine Umschuldung, also, dass die Staaten dann nicht mehr im Ausland und bei Banken oder Pensionsfonds, sondern im Inland und bei Privatpersonen verschuldet sind. Und nicht mehr Brüssel bestimmt dann das Regierungsprogramm, sondern diejenigen, die die Staatsanleihen besitzen, also jene 10% der Österreicher. Auch die wollen ihr Geld wieder sehen und werden den Staat auffordern zu sparen und auch die werden nicht so besonders viel für Sozial- und Bildungsausgaben übrig haben, sondern vermutlich mehr für Wirtschaftsförderung und Steuernachlässe für Reiche! Und wenn es funktioniert, bekommen sie ihre Anleihen mit Zinsen wieder abgelöst und werden noch reicher.
4. Der Staat wäre also für seine Finanzierung abhängig von einer kleine inländischen Elite, die damit zum „Geldadel“ wird und von deren Good-Will alles abhängt, was in diesem Staat geschehen soll. Das ist Feudalismus pur! Da ist mir die EU doch noch lieber!
Bitte, Herr Rauscher, nächstes Mal zuerst denken, dann schreiben!