Dieser Text ist in der Sommerausgabe der CONTRASTE erschienen.

Beim ersten österreichischen Transition Forum erregte ein Teilnehmer mit der Aussage Aufsehen, die Sache mit dem Klimawandel und dass wir den CO2 Ausstoß reduzieren müssten, sei ein riesengroßer Fake, der nur dazu diene, dass einige wenige damit viel Geld verdienen könnten. Den ersten Teil der Aussage teile ich nicht. Das wäre zynisch gegenüber jenen Menschen, meist im globalen Süden, die schon massiv unter dem Klimawandel leiden. Es würde auch all jenen WissenschaftlerInnen, die seit Jahrzehnten vor dem Klimawandel warnen, unterstellen, im Dienste des Kapitals zu stehen. Der zweite Teil der Aussage, der Fokus auf Erderwärmung, Reduzierung des CO2-Ausstoßes und Energiewende diene in erster Linie dazu, dem Kapital neue Akkumulationsmöglichkeiten zu verschaffen, trifft jedoch ein Unbehagen, dass ich selbst seit geraumer Zeit verspüre.

Man muss offensichtlich nicht die Panik um den Klimawandel teilen, um sich an einer Transition-Initiative zu beteiligen und sich für eine Änderung des gegenwärtigen Wirtschaftssystems einzusetzen. Es gibt viele andere gute Gründe das zu tun: Artensterben, Umweltzerstörung, Plastikberge im Meer, der »Peak« fast aller natürlichen Ressourcen, zunehmende soziale Ungleichheit, Landraub, die Macht der Chemiekonzerne über die Nahrungsmittelproduktion, tausende tote Flüchtlinge im Mittelmeer und die Reaktion der EU, enorme Machtkonzentration bei wenigen Konzernen, … Es gibt auch viele gute Gründe dafür, das selbstorganisiert und bottom up zu tun, denn viele dieser Probleme können nur über eine Veränderung von Machtverhältnissen gelöst werden.

Einige aber, speziell die Reduktion von CO2 in der Luft – durch Verringerung des Ausstoßes und Förderung sogenannter Senken – und die effizientere Ressourcennutzung, eignen sich besonders für die marktkonforme Bearbeitung, sie versprechen Wirtschaftswachstum und neue Profit- und Anlagemöglichkeiten. Die Annahme, der Hype um den Klimawandel sei auch dieser Tatsache geschuldet, ist nicht von der Hand zu weisen. So können sich die Verursacher der Probleme auch als Retter der Welt präsentieren.

Ich habe jedoch zunehmend den Eindruck, die von Wirtschaft und Politik vorangetriebenen Lösungen des Problems werden zur größeren Bedrohung für die Menschheit, als der Klimawandel selbst. Es erinnert an die »Grüne Revolution«, die in den 80er Jahren versprach, mithilfe industrieller Landwirtschaft und Gentechnologien den Hunger in der Welt zu besiegen. Das ist nicht gelungen, was jedoch erreicht wurde, ist die Kontrolle einiger Agrarmultis über die ganze Nahrungskette, die Enteignung der indigenen Bevölkerung, eine Verschiebung von Macht und Geld von unten nach oben. Es zeigen sich bereits Indizien dafür, dass die Maßnahmen gegen den Klimawandels ähnliche Auswirkungen haben.

Ein weiterer Bereich marktkonformer technischer Lösungen ist die Steigerung der Energieeffizienz mit Hilfe unzähliger Sensoren, die in alle Alltagsgegenstände eingebaut werden und ein System allumfassender Kontrolle darstellen. Schon werden Warnungen laut, die sogenannten »Smart Cities« seien eine massive Bedrohung für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Die Überwachung der Kommunikation, die uns vor Terrorismus schützen soll, ergänzt das Projekt des Klassenkampfes von oben, das sich als Rettungsaktion tarnt.

Transition, eine Energiewende und eine andere Produktionsweise sind wichtig und notwendig. Möglicherweise ist es jedoch noch wichtiger, die von Politik und Wirtschaft propagierten »Lösungen« zu verhindern. Die daraus resultierende zunehmende Macht- und Informationskonzentration ist Teil des Problems, nicht der Lösung. Wenn wir es nicht schaffen, diese massive Veränderung der Machtverhältnisse, die Einschränkungen von Handlungsmöglichkeiten und Demokratie durch die angebliche Katastrophenabwehr zu verhindern, dann können wir auch den sozialen Wandel von unten nicht schaffen.