Manchmal muss auch Hausarbeit sein und da läuft meist das Radio. Und beim Bügeln hab ich heute hintereinander gleich zwei Beiträge gehört, die gut zu der Frage passen, wofür wir eigentlich arbeiten.
Im Journal-Panorama (noch 7 Tage zum nachhören) ging es um Burnout. Ob das jetzt wirklich eine neue „Krankheit“ ist, oder nur eine neue Bezeichnung für etwas, was es schon lange gibt, oder nur ein Hype, der vor allem manchen viel Geld bringt, ist nicht ganz klar. Obwohl man Burnout, so hieß es dort, nicht wirklich diagnostizieren kann und auch nicht genau weiß, was das eigentlich ist, ist er inzwischen die Hauptursache für Frühpensionen – und die Prävention, vor allem aber die Behandlung und Rehabilitation, hat sich zu einem aufstrebenden Geschäftsfeld entwickelt.
Es ist ein hochpreisiges Angebot an Sanatorien und Privatkliniken – 24 solcher Anbieter hat der „Relax Guide“ (offensichtlich braucht man heute zum Entspannen schon eine Gebrauchsanweisung) getestet. Kostenpunkt 800 – 4000 € pro Woche, Erfolg nicht garantiert, Qualitätskriterien: keine. Das ist ein freier Markt, meint der Tester, da weiß man nicht immer, was man kauft. Für Menschen mit kleinerer Geldbörse gibt es meist bestenfalls Medikamente, Psychopharmaka, damit sie wieder funktionieren. Die Warteliste für von der Krankenkasse bezahlte Reha-Aufenthalte ist lang, wer bis dorthin nicht von selbst gesund ist, dem ist vermutlich eh nicht mehr zu helfen.
Man muss also ziemlich viel arbeiten, damit man sich dann die Therapie leisten kann, wenn man sich überarbeitet. Aber immerhin, viele neue Arbeitsplätze, um die zu heilen, die davor zuviel gearbeitet haben, vielleicht, weil sie Angst hatten sonst ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Das Problem ist wohl, dass Burnout heute genau so wenig heilbar ist, wie Hysterie vor 100 Jahren (ich war gestern im Kino – Eine dunkle Begierde ;-)) – weil beide ihre Ursachen in der Verfasstheit der Gesellschaft selbst haben. Wer erschöpft ist, darf ja das nicht einfach sagen und sich ausruhen, sich Zeit für sich selbst gönnen, oder was immer ihr oder ihm gerade gut tut. Denn, es wird ja von dieser Person verlangt, etwas dagegen zu tun, man muss ja an sich arbeiten, um wieder arbeitsfähig zu werden.
Dann kam „Religion aktuell“. Und zur Jahreszeit passend wurde eine Geschenkidee der Caritas vorgestellt. Was schenkt man Menschen, die schon alles haben? Zum Beispiel einen Esel für Frauen in Burundi, einen Schlafsack für Wohnungslose oder eine Schuljause für Kinder in Not. Funktionieren tut das so, dass man diese Dinge bezahlt und der Beschenkte dann eine Weihnachtskarte bekommt oder auch ein T-Shirt.
Eigentlich hab ich weder was gegen Esel für Burundi, noch gegen Schlafsäcke für Wohnungslose und natürlich auch nicht gegen eine Jause für Schulkinder. Nur, ich hab hin und her überlegt, ich versteh es einfach nicht, warum das ein Weihnachtsgeschenk für jemand anderen sein soll. Aber vielleicht kann es mir ja jemand erklären.
Wenn mir jemand einen Esel für Burundi schenkt, was schenkt er mir dann? Das Gefühl, eine gute Tat begangen zu haben? Nein, das hab ich ja nicht. Ich wurde ja zu meinem Glück sozusagen gezwungen, ich wurde ja gar nicht gefragt, ob ich wohltätig sein will und schon gar nicht zu wem. Das ist verordnete Wohltätigkeit und dann soll ich mich vermutlich da noch drüber freuen. Wieso kann die Person, die mir das schenkt, nicht gleich selber was spenden, ohne mich dazwischen zu schalten? Ich finde das keine besonders gute Geschenkidee von der Caritas und ich möchte nicht so ein Geschenk bekommen, dann schon lieber gar keines und dafür einen netten Anruf oder ein Mail oder eine Karte :-).
Ein normaler Spendenaufruf der Caritas wäre ehrlicher gewesen, hätte nicht diesen weihnachtlichen Schenkzwang ausnützen müssen. Aber das Schlimmste kam erst zum Schluss, denn mit so einem Geschenk kann man noch einem weiteren guten Zweck dienen:
Die Arbeit rund um Schenken mit Sinn gibt zehn langzeitarbeitslosen Menschen in Österreich eine Beschäftigung. Sie kümmern sich um Ihre Bestellung, organisieren das Lager, verpacken die T-Shirts, kuvertieren die Geschenkkarten und bereiten den Versand vor.
Also, Spenden für Bedürftige als Weihnachtsgeschenk für Menschen, die sich sonst nichts mehr wünschen können, weil sie schon alles haben und auch noch Beschäftigungstherapie für Langzeitarbeitslose! Irgendwie kommen da alle Paradoxien unser Gesellschaft auf einen Haufen zusammen und das zu Weihnachten. Schöne Bescherung! Da hat die Caritas ziemlich daneben gegriffen!
Kurzfassung unter dem zusammenfassenden Titel*: womit die Virtualitaet vorangetrieben wird: virtuelle Produktion von virtuellem Geld fuehrt zu virtuellem Kranksein was mit virtueller Sinngebung beantwortet wird
* zur titelei in einem mail