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Von Bovec nach Triest Teil II: Zeitreise in die Vergangenheit

Zuerst einmal: es gibt nun alle Fotos und die ganze Reiseroute, die auch deutlich macht, dass jemand – hätte er oder sie diese Reise vor 100 Jahren gemacht – keine Landesgrenze überschreiten hätte müssen. Mit Ausnahme von Grado war alles Teil der österreich-ungarischen Monarchie und der Einfluss des Hauses Habsburg ist nach wie vor allgegenwärtig. Und auch Grado hatte sich schon damals zur bevorzugten Sommerfrische des habsburgischen Adels entwickelt. Damals wie heute liegt dieses Gebiet im Grenzbereich, war Schauplatz einer großen Zahl von Konflikten und die Menschen, die dort wohnen, haben mehrmals in den letzten 100 Jahren die Staatszugehörigkeit gewechselt.

Im Reich des Doppeladlers

Besonders in der heute italienischen Region sind die Architektur und das Flair der Monarchie lebendig, auf Schritt und Tritt stieß ich auf die Zeugnisse der kuk-Vergangenheit. Kaisergelb leuchten die Repräsentationsbauten in Gorizia, es findet sich dort, wie in Graz, ein Palais derer von Attems und auch etliche Straßennamen würden in jede österreichische Stadt passen. Alle Burgen und Schlösser der Umgebung wurden von Habsburgern errichtet, ob Duino, Miramare oder die Burg von Triest, vor dem Bahnhof von Triest steht die Statue der „Elisabetta“. Auf dem Weg zwischen Prosecco und Triest finden sich noch heute Grenzsteine wie diese

und ein Klettersteig führt genau über den in Stein gehauenen Doppeladler der Habsburger.

In Opicina gibt es nicht nur eine Via Graz, sondern auch eine Via Siegmund Freud und eine Via Graf Zinzendorf und eine Via Vienese sowieso. Der Obelisk an der Straße von Triest nach Opicina

ist ein Geschenk der Kaufleute der Stadt an den österreichischen Kaiser Franz, der die Straße ausbauen ließ, um die Verbindung zwischen Wien und Triest zu verbessern und damit den Handel dort ankurbelte. Auch die alte Straßenbahn, die zwischen Triest und Opicina verkehrt, wurde von Österreichern geplant, die erste Betreibergesellschaft hatte ihren Sitz in Wien und auch die ersten Wagen wurden in Österreich hergestellt.

In Opicina gibt es einen kleinen Outdoorladen, wo ich gleich nach meiner Ankunft eine Gaspatrone für meinen Kocher kaufen wollte. Eine solche gab es nicht, aber der nette Besitzer ist mit mir ein Stück die Straße runter gegangen, um mir zu zeigen, wo ich sie bekommen konnte. Ein paar Tage später war ich noch einmal dort und habe ein Paar Schuhe erstanden. Wir haben uns ganz gut auf Italienisch verständigt, und schließlich hat Bruno, so hieß der Besitzer, mich gefragt, ob ich aus Österreich oder Deutschland käme. Auf meine Antwort hin hat er erst zwar bedauert, dass er nur wenig Deutsch könne, zum Abschied hat es dann aber doch gereicht, um „Auf Wiedersehen, gnädige Frau“ zu sagen. Eine bessere Symbolik für die gemeinsame Vergangenheit könnte es gar nicht geben! (Das Geschäft nennt sich im Übrigen „Edelweiß“ :-)).

Durch die Grenznähe werden natürlich auch verschiedene Sprachen gesprochen. Im Socatal haben fast alle Ort drei Namen, slowenische, deutsche und italienische. Das hat aber hauptsächlich historische Gründe, heute scheint dieses Gebiet nicht zweisprachig zu sein. Die zweisprachigen Gebiete wurden offensichtlich den Nachbarländern zugeschlagen, Kärnten und Friaul-Julisch Venetien. Außerdem ist das mit der Mehrsprachigkeit in Slowenien, wo ohnehin alle mindestens noch eine zweite Sprache sprechen, nach meiner Einschätzung eher kein Problem. Tatsächlich ist Englisch dabei, so etwas wie eine zweite Standardsprache in Slowenien zu werden. Fast alle sprechen sie und viele so gut, wie ich sie nie sprechen werde. Viele sprechen auch Deutsch, manche Italienisch und das alles ist dort ganz normal. Eine Sprache, die nur 2 Millionen Menschen sprechen, reicht in Zeiten der Globalisierung einfach nicht aus.

Anders in der Region um Triest. Hier ist offiziell zweisprachiges Gebiet, alle Ortstafeln, alle Hinweise und oft auch die Werbung sind slowenisch und italienisch. Bei der Wanderung im Val Rosandra habe ich Steirer getroffen und als wir dann am Ende bei der Busstation saßen und auf den Bus warteten, setzte sich ein sehr alter Mann zu uns und fragte, woher wir kämen. Als wir ihm antworteten aus Österreich, beschwerte er sich mit den wenigen deutschen Wörtern die er konnte, was wir denn mit den Slowenen in Kärnten machten. Eine Frage, die man schwer beantworten kann und schon gar nicht unter diesen Umständen. Auf jeden Fall machte er deutlich, dass er sehr ungehalten war über den Verlauf der Geschichte und für ihn war klar, „das hier ist Slowenien“.

Ansonsten habe ich nichts mitbekommen von Problemen zwischen den Sprachgruppen, aber an der Tür von Brunos Geschäft klebte ein großer Aufkleber mit einem Smiley und der Aufschrift „Gemeinsam in Opicina“ auf italienisch und slowenisch. Und ich denke, alleine schon die Existenz solcher Aufkleber zeigt, dass diese Gemeinsamkeit offensichtlich nicht selbstverständlich ist und die Italiener und Slowenen standen sich ja im Zweiten Weltkrieg und auch noch danach in erbitterter Feindschaft gegenüber. Damals war es gängige Praxis Angehörige der jeweils anderen Sprachgruppe oder Nation (die Hauptbetroffenen waren Italiener, nachdem deren Regierung davor gewaltsam versucht hatte, die Region zu „italianisieren“) in die tiefen Karstschluchten, Foibe genannt, zu werfen. An einer der größten dieser Schluchten, der Foiba Basovizza, in der viele Leichen gefunden wurden, wurde eine Gedenkstätte errichtet, an der ich auf einer Wanderung auch unbeabsichtigt vorbei kam. Ich hatte die Markierung verloren und sah in einiger Entfernung eine größere Anlage mit eine Fahne die weithin sichtbar wehte. Also dachte ich, dort würde ich vielleicht einen Hinweis finden, wo ich bin. Es saß sogar ein Mann dort, der mir den Weg weisen konnte. Dass in manchen Familien diese Feindschaften bis heute weiter schwelen, davon handelt z.B. auch ein Buch von Veit Heinichen.

Und über allem der Krieg?

Dass die Soca, bzw. der Isonzo im ersten Weltkrieg Schauplatz schrecklicher Kämpfe war, ist bekannt, wie gegenwärtig das aber bis heute dort ist, hat mich dann doch überrascht und wie damit umgegangen wird –  und nicht nur dort – das hat mich während der ganzen Zeit sehr beschäftigt. Auf Schritt und Tritt trifft man auf Überreste von Stellungen und Festungsbauten, die auch mit entsprechenden Informationstafeln versehen sind. Ein Wanderweg durch das ganze Socatal, der sich Friedensweg nennt, führt zu allen diesen Schauplätzen. Und bei all den Informationen geht es entweder darum, irgendwelche Strategien zu erklären oder eine große Anzahl von Toten auszuweisen.

Es ist ja im ganzen italienisch-österreichisch-slowenischen Grenzbereich, vom Gardasee über die Dolomiten bis zu den karnischen und julischen Alpen in den letzten Jahren üblich geworden, solche „Friedenswege“ anzulegen. Alte Kriegspfade werden als Wanderwege restauriert, alte Stellungen und Festungsbauten renoviert und manchmal zu Freilichtmuseen gestaltet. Das Ganze unter dem Motto, dass die Erinnerung an die Schrecken des Krieges lebendig gehalten werden soll, um neue Kriege zu verhindern. Durch die gemeinsame Arbeit sollen die, häufig jugendlichen, „FriedensarbeiterInnen“ auch die alten Vorurteile abbauen und lernen, sich zu verstehen. Aber die Art wie diese Dinge präsentiert werden, ließ in mir immer mehr Zweifel aufkommen.

Das Museum von Kobarid „präsentiert insbesondere die taktischen Operationen an der Isonzofront im Ersten Weltkrieg, insbesondere der 12. Isonzoschlacht“, denn „diese Schlacht zählt zu den größten Kampfhandlungen der Kriegsgeschichte in gebirgigem Gelände, weist gewisse Grundzüge der späteren Taktik des ‚Blitzkrieges‘ auf und stellt den erfolgreichsten Durchbruch im Rahmen des Ersten Weltkrieges dar“, so der Text im Informationsblatt. Dieser Erfolg freilich bestand im Wesentlichen in der Ermordung zig-tausender Italiener, weshalb es in diesem Museum auch einen „Schwarzen Raum“ gibt, in dem die Fotografien toter und entstellter Soldaten gezeigt werden.

Ich habe mir dieses Museum nicht angesehen, weil ich mich weder für erfolgreiche Kriegsstrategien noch für die Fotos toter Soldaten interessiere und ich fragte mich, hat diese Art Heldendenkmäler, Kriegsmuseen und Friedenswege zu errichten, um die Greuel des Krieges nicht zu vergessen und weitere Kriege zu verhindern, den gewünschten Erfolg? Hat schon ein Friedensweg oder ein Kriegsmuseum einen Krieg verhindert? Die Menschen, die sich das anschauen und mehr oder weniger betroffen sind, machen den Krieg nicht und entscheiden auch nicht darüber. Ist es nicht eher so eine Art Strategiespiel für die Jugendlichen, die mit guter Absicht hier her geführt werden, so ähnlich wie auf dem Computer, nur mit realen Requisiten (symptomatisch dafür das Wort „Kriegslehrpfad“ im Wikipedia-Artikel)? Ist es nicht so, dass wir genau damit den Krieg als normal hinstellen – ist zwar schrecklich, aber muss leider sein? Und wenn man im Krieg stirbt, ist man wenigstens ein Held. Wenn man gegen den Krieg ist und sich raushalten will und deshalb stirbt, wird man vielleicht später einmal ein Held, aber das ist nicht so sicher, zuerst ist man einmal ein Verbrecher. Wem es gelingt sich rauszuhalten, ohne dabei zu sterben, der bleibt sein Leben lang ein Drückeberger.

Sind es nicht eher die, die sich raushalten konnten, ohne dabei ihre Würde zu verlieren und sich selbst treu bleiben konnten, die dann aus den Trümmern alles wieder neu aufbauen mussten, die die wahren Helden sind? Oft genug waren das die Frauen. Zugegeben, für sie war es immer leichter, sich rauszuhalten, immerhin gab es für sie keine Wehrpflicht. So wie es derzeit gemacht wird, stellt der Umgang mit den vergangenen Kriegen eher eine Verherrlichung, zum Teil auch eine Romantisierung des Krieges und des „Heldentodes“ dar. Irgendwas machen wir falsch dabei und mich hat das mit der Zeit so genervt, dass ich beschlossen habe, ich schaue mir keine Kriegsdenkmäler mehr an. Dieser Vorsatz war leider nicht umzusetzen, man entkommt ihnen nicht.

Gleich am Ortsrand von Bovec ein Soldatenfriedhof. Ursprünglich wurden dort die Toten aller Nationen begraben, später wurden die österreichischen und italienischen Soldaten wieder exhumiert und die Überreste in separaten Beinhäusern bestattet, wo das österreichische ist hab ich vergessen, das italienische ist in Kobarid  – geht’s noch?

Der Ort Most na Soci war früher nach irgendeiner Heiligen benannt, seit dem Ersten Weltkrieg heißt er nach dieser Brücke. Warum? Erraten, weil dort an dieser Engstelle des Tales tausende Soldaten gestorben sind. Dabei ist diese Region seit der Bronzezeit besiedelt und es gäbe viele andere interessante Dinge zu erzählen, denen muss man allerdings nachspüren.

Auch die Hoffnung, dass ich mit dem Isonzotal auch den Kriegskult hinter mir lassen würde, erwies sich als Irrtum. Vor dem Campingplatz in Sistiana steht ein Ehrenmal der kk freiwilligen Schützenkompanie 3/II, für ihre „ehrenvolle Teilnahme“ an diesem Massaker

und kurz davor an der Haupteinfahrtsstraße die toskanischen Wölfe,

diesmal zur Abwechslung zur Erinnerung an eine erfolgreiche italienische Kriegsstrategie. Ich kann’s nicht mehr hören, sehen, lesen.

Und natürlich gibt es auch dort einen historischen Themenwanderweg. Und historisch heißt? – richtig – historisch heißt Krieg. Ein Teil dieses Wanderweges ist auch der Sentiero Rilke. Zumindest hier, dachte ich, würde sich doch ein kulturgeschichtlicher Hinweis finden. Wieder Irrtum, auch entlang des Rilkeweges waren Stellungen im Ersten und im Zweiten Weltkrieg, denn die Region um Triest hatte immer eine militärische Schlüsselstellung.

Langsam habe ich das Gefühl, die Geschichte Europas besteht nur aus einer Aufeinanderfolge von Kriegen. Aber Kriege bringen doch nichts hervor, sie zerstören nur. Die wirkliche Geschichte machen doch die, die aufbauen, die tagtäglich die Reproduktion der Gesellschaft sicher stellen. Die Geschichte machen doch wir, dadurch, dass wir die Dinge herstellen, die wir zum Leben brauchen und wenn möglich noch mehr, die Dinge, die das Leben schöner machen. Geschichte ist, Fähigkeiten zu entwickeln, neue Technologien hervorzubringen, neue Werkzeuge zu erfinden, neue Kunstwerke zu schaffen, soziale Beziehungen herzustellen und zu erhalten. Vielleicht lagen sie in der DDR gar nicht so falsch mit dieser Hennecke-Medaille oder der Straße der Besten, da geht’s zumindest um konstruktive Leistungen, für die man geehrt wird und nicht darum, an einem Massaker teilgenommen zu haben. Obwohl, die Kriterien, nach denen diese Auszeichnungen vergeben wurden und die Privliegien mit denen sie verbunden waren, die sind doch auch fragwürdig. Das entspricht eher dem Prinzip der ÖVP „Leistung muss sich lohnen“, als der Idee „jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ und überhaupt, muss es unbedingt die Verehrung einzelner Personen sein, müssen wir unbedingt Helden schaffen?

Spuren einer anderen Geschichte

Ich will jedenfalls nicht bei jedem Schritt den ich mache wissen, wieviele Menschen dort gestorben sind, ich habe genug von diesem Totenkult. Mich interessiert, wie die Menschen dort gelebt haben, wie sie ihre Gesellschaft gestaltet haben, wie sie gearbeitet und gefeiert haben, woran sie geglaubt haben, was ihnen wichtig war. Und wenn es mir schon nicht gelungen ist, den Kriegsdenkmälern auszuweichen, so habe ich mich doch darauf konzentriert Spuren und Erinnerungsstücke jener anderen Geschichte zu finden, die nicht die Geschichte von Zerstörung, sondern eine Geschichte des Lebens ist. Und es gibt sie natürlich, auch wenn nicht soviel Werbung dafür gemacht wird.

Zum Beispiel die Häuser: im typischen „Bovec-Haus“ über viele Jahrhunderte war im Untergeschoß der Stall, darüber die Wohnung und auf dem Dachboden wurde das Heu gelagert. Das war auch bei uns in vielen Alpenregionen so. Und wie ich mir das so anschaue fällt mir auf, dass das den Prinzipien der Permakultur entspricht und schon viele Ideen des heutigen Niedrigenergiehauses vorwegnimmt, Wärme durch die Tiere von unten, Abdichtung des Daches nach oben. Auch ein typisches Karsthaus, die Casa Carsica kann man in der Nähe von Triest besichtigen, mit den alten Werkzeugen, wo die Lebensweise früherer Generationen lebendig wird, nicht nur ihr Sterben.

Oder diese Karstquelle des Timavo: der römische Tempel, darüber die christliche Kirche, heute die Betonbecken des städtischen Wasserwerks – unterschiedliche Formen des Umgangs mit den Geschenken der Natur.

Und dann die Burg in Gorizia.

Freilich auch ein Festungsbau, aber sie hat zumindest nichts mit dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg zu tun und sie rühmt sich nicht für Kriegserfolge, sondern beherbergt ein Museum in dem unter anderem alte Musikinstrumente ausgestellt sind. Eigentlich sind es Nachbauten, aber sie sind wunderschön und sichtlich mit viel Liebe hergestellt.

Der Mann, der dafür zuständig ist, sprüht vor Begeisterung. Seine Schwester ist in Deutschland verheiratet und er ist stolz darauf, mir sein Wissen auf Deutsch vermitteln zu können. Die Deutschen sagt er, seien ja immer schon solche Riesen gewesen, während bis vor wenigen hundert Jahren die Italiener kaum größer als 1,50 m waren. Daher erkennt man an der Länge des Halses der Saiteninstrumente, ob sie aus Deutschland oder aus Italien stammen.

Dann natürlich die Straße und die Bahn, die Erschließung des Wirtschaftsraumes und die Tradition der Handelsstadt Triest. Keine Geschichte harmonischer Beziehungen, durchaus mit Konflikten geladen, aber doch eine Geschichte des Lebens, keine des Todes.

Ich weiß, das klingt jetzt alles ein bissl folkloristisch, nach Nostalgie oder der guten alten Zeit. So meine ich es nicht, und ich will damit auch nicht sagen, dass wir alles Böse, das passiert ist, so schnell wie möglich vergessen sollen, das ist sicher nicht die Lösung, damit wird vergangenes Unrecht nicht ungeschehen und Konflikte nicht bewältigt. Ich weiß auch nicht, was die Lösung ist, ich bin nur zu der Überzeugung gekommen, dass es so, wie es derzeit passiert, nicht richtig ist.

Vor allem in Italien kommt bei der Erinnerung an die Geschichte jedenfalls noch ein Aspekt dazu, der doch noch einmal von diesem Kriegs- und Totenkult zu unterscheiden ist und eine eigene Kategorie darstellt, die Erinnerung an den Widerstand gegen den Faschismus, der ja durchaus auch ein Widerstand gegen den Krieg war. Auch wenn diese Menschen häufig auch umgebracht wurden, so lebt die Erinnerung an sie doch nicht allein aus dem Umstand, dass sie ermordet wurden, sondern daraus, dass wir wissen, was ihre Ziele und ihre Visionen waren und an sie erinnert man sich auch, wenn sie nicht für ihre Überzeugung getötet wurden. Ein schönes Beispiel: die Partisanendruckerei Slovenija (die ich leider nicht gesehen habe), die in der Zeit des italienischen Faschismus in jener Grenzregion die einzige slowenische Zeitung druckte. Es gab in der Nähe von Idrija eine eigene, gut ausgestattete Druckerei, die vom Februar 1944 bis zum Mai 1945 eine Tageszeitung herausbrachte, die „soon developed into the leading regional newspaper of political significance, and dealt successfully with hostile propaganda“. Sie wurden bis zum Ende des Krieges nicht entdeckt und die Erinnerung lebt trotzdem. Bildung, Aufklärung, Information statt Mord und Totschlag – auch das ist Geschichte, das ist vielleicht die wichtigere, die „richtigere“ Geschichte.

In dem Zusammenhang noch was anderes, für die, denen es gefällt: la bandiera rossa weht hier nicht nur auf Berggipfeln anstatt eines Gipfelkreuzes und auf Maibäumen, anstatt der bei uns üblichen folkloristischen Dekoration, sondern auch sonst noch an allen möglichen Stellen (auf das Foto klicken, um mehr zu sehen ;-)):

Und bei all diesen Gedanken über den Umgang mit vergangenen Kriegen gelangte ich schließlich wieder in der Gegenwart an. Diese Darstellung des Krieges zeigt zwar seine Schrecken, aber sie vermittelt irgendwie das Gefühl, dass Krieg doch auch ehrenwerten Zielen dient, dass es verdienstvoll ist, daran teilzunehmen, dass noch Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte später das Andenken der Kriegshelden hochgehalten wird – und das alles gibt dem Krieg eine gewisse positive Qualität. Er bleibt eine Option, wenn auch eine, die, zumindest angeblich, nur im äußersten Notfall zur Anwendung kommt. Und da kommt es dann zu solchen Fragestellungen, wie vor kurzem in Libyen oder vor etwa 20 Jahren im damaligen Jugoslawien: Sollen der Westen, die Nato, die USA, die EU, wer auch immer, auf jeden Fall „die Guten“, eingreifen um größeres Blutvergießen zu verhindern und wird das dann auch wirklich durch dieses Eingreifen verhindert? Und einmal mehr frage ich mich, gibt es wirklich keine andere Alternative als entweder zuzuschauen, wie die einen umgebracht werden, oder mitzuhelfen, die anderen umzubringen – gibt es nur die Wahl zwischen Pest und Cholera? Kann durch Bomben jemals Frieden geschaffen werden? Gibt es nicht Alternativen, die wir vergessen haben, weil wir unsere Geschichte als eine Geschichte von Kriegen konstruiert haben? Kann man auf  Basis einer Geschichte aus Kriegen die Vision einer friedlichen Zukunft entwickeln?

Das hier passt dazu: http://www.friedensschauplaetze.org/

2 thoughts on “Von Bovec nach Triest Teil II: Zeitreise in die Vergangenheit

  1. PS: Vielleicht kann mir irgendeiner der schlauen Leute, die dieses Blog lesen erklären, warum mein NEUER Computer mit dem NEUEN Ubuntu nicht mit Flickr kompatibel ist und ich immer den alten Computer mit Windows verwenden muss, um Bilder zu bearbeiten oder auf das Blog raufzuladen????

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