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Sharing oder privacy – oder beides?

Zwei Dinge gewinnen mit dem Internet, vor allem mit dem Web 2.0, an Bedeutung. Die Frage des freien Zuganges zu Inhalten und die Frage des Datenschutzes. Das war auch beim Elevate Festival am Montag ein Thema, das angeregt diskutiert wurde.

Viel Kritik gab es ja in letzter Zeit an Google und Facebook für ihren Umgang mit den persönlichen Daten, die sie auf ihren Webseiten sammeln. Der vorläufige Höhepunkt ist die Klage zweier Österreichischer Jusstudenten gegen Facebook. Max Schrems war beim Elevate-Festival und hat von seinen Erlebnissen berichtet. Facebook hat ihm alle seine Daten zugeschickt – es waren mehr als 1200 Seiten. Das macht das Ausmaß klar, um das es sich handelt. Der immer wieder bemühte Vergleich, Geheimdinest und Staatspolizei hätten solche Daten immer schon gesammelt, greift zu kurz. Die längsten Dossiers der Stasi in der DDR umfassten ein paar hundert Seiten. Die waren das Ergebnis jahrelanger Arbeit vieler Menschen und es gab sie nur für wenige Personen, die als besonders wichtig galten. Nun gibt es nach wenigen Jahren, ganz ohne Aufwand, 1200 Seiten an persönlichem Datenmaterial, von allen von uns! Nun sind viele Menschen aufgewacht, Facebook kann sich im Moment der Anfragen kaum mehr erwehren. Und viele beschäftigt die Frage, wie man das Web 2.0 nutzen könne, ohne seine privaten Daten herzugeben.

Da gibt es einerseits das alternative Netzwerk Diaspora, das derzeit in einer Alpha-Version läuft. Das Problem, das immer wieder angeführt wurde: wenn 100 meiner Freunde auf Facebook sind und nur 3 auf Diaspora, was soll ich dann dort. Dann gibt es die Freedom Box von James Vasile. Die Idee ist, dass jeder Mensch seinen eigenen Server hat, auf dem seine Daten liegen und mit dem er an allen Netzwerken teilnehmen kann, ohne seine Daten öffentlich zu machen. Auch das ist noch in der Entwicklungsphase und ob es wirklich so benutzerfreundlich und eine „eierlegende Wollmilchsau“ wird, wie versprochen, wird sich erst zeigen.

Da gibt es auf der anderen Seite inzwischen eine Post privacy Bewegung und kürzlich erschien auch ein Buch dazu: Post-Privacy. Prima leben ohne Privatsphäre. Die neuen Kommunikationstechnologien bedeuten das Ende der Privatheit, ist die Meinung, die hier vertreten wird, und das sei gut so. Das bringe natürlich Vor- und Nachteile mit sich, bisher seien vor allem die Nachteile kritisiert worden, nun sei es Zeit, sich mit den Vorteilen zu befassen. Hier eine gute Rezension des Buches.

Ob das nicht ein Widerspruch sei, werde ich manchmal gefragt, sich für Freie Software und Wissen, Kunst und Kultur als Commons einzusetzen und gleichzeitig sich über den Datenklau von Google&Co. zu beschweren. Worum geht es also genau? Die grundsätzliche Antwort ist einfach: es geht um die Unterscheidung zwischen Content, also der Information, die vermittelt wird, und den personenbezogenen Daten der Web-NutzerInnen, die diesen Content ins Netz stellen, bzw. nutzen. Und dann ist klar – Content sollte frei sein, persönliche Daten müssen geschützt werden. Jeder Mensch muss selbst entscheiden können, welche persönlichen Daten er von sich öffentlich machen will.

Kein Programmierer, keine Wissenschaftlerin, kein Entdecker, keine Journalistin, kein Autor, keine Musikerin und kein Fotograf ist genuiner Schöpfer ihres/seines Werkes, sie bauen immer auf dem auf, was andere vor ihnen gemacht haben. Also kann es auch keinen Anspruch auf geistiges Eigentum an Code, Wissen, Informationen, Texten, Bildern, Musikstücken, usw. geben. Dazu kommt, dass es all diesen Dingen gut tut, wenn möglichst viele sie möglichst schnell zur Verfügung haben, weil sie sich so besser vermehren und weiter entwickelt werden können. Und die neuen Medien machen es möglich, dass die Weitergabe und Vervielfältigung auch keine Kosten mehr verursacht. Dass man sich dann was überlegen muss, wie Forscherinnen, Künstler und Journalistinnen zu ihrem Geld kommen, versteht sich von selbst (zumindest so lange, bis wir das Geldzeitalter hinter uns gelassen haben ;-)).

Ein anderer Bereich sind die Daten von Regierungen und Unternehmen, die für die Öffentlichkeit interessant sind – Steuereinnahmen, Arbeitslosenzahlen, das Budget, die Parlamentssitzung. Um deren Offenlegung geht es bei Open Government. Soviel also zum Content.

Dem gegenüber stehen die persönlichen Daten. Grundsätzlich ist es bei freien Online-Diensten so: wenn es nichts kostet, bist du nicht Kunde, sondern du bist die Ware. Google, Facebook & Co. bieten ihre Dienste an, damit sie möglichst viele Daten ihrer Nutzer sammeln können. Diese verkaufen sie dann, das ist ihr Geschäftsmodell. Nun kann jemand sagen, das sei ihm oder ihr egal und die Dienstleistung sei das wert. Aber alle sollten diese Entscheidung selbst treffen können. Eigentlich müsste man also immer, wenn man etwas in die Google-Suchmaschine eintippt, zustimmen, dass die Informationen darüber, was man sucht, gespeichert und mit anderen Informationen zusammengeführt und dann verkauft werden.

Bisher werden die Daten an andere Unternehmen verkauft, damit die ihre Werbung punktgenau an den Mann und die Frau bringen können. Aber die Möglichkeit besteht natürlich auch, dass sich Regierungen, die Polizei oder die Mafia dafür interessieren und es gibt keine Garantie, dass Google dann nicht verkauft – eher können wir ziemlich sicher sein, dass sie verkaufen würden. Dann existieren noch die unzähligen anderen Daten, von all den Fällen, wo wir im Internet Ticktes gekauft, Eintrittskarten reserviert oder Bücher bestellt haben. Und die Daten von Telefon- und Internetanbietern. Und alle diese Daten zusammengeführt ergeben ein Persönlichkeitsprofil, das es in seiner Detailliertheit vermutlich in der Geschichte noch nie gegeben hat – und nicht nur von einzelnen, als besonders gefährlich geltenden Menschen, sondern von nahezu allen von uns. Es macht also durchaus Sinn, im Zeitalter freien Wissens für den Datenschutz und gegen die Vorratsdatenspeicherung einzutreten.

Ein empfehlenswerter Beitrag dazu:
Warum es sich lohnt, das Private und das Öffentliche zu verteidigen
Das Private, sagt der Verfasser ist nicht das Gegenteil des Öffentlichen, sondern dessen Voraussetzung.

Also, Content open access und persönliche Daten schützen, es scheint ja – zumindest auf der theoretischen Ebene – ganz einfach zu sein (Die technischen Möglichkeiten sind natürlich ein anderes Problem). Wenn es nur immer so ganz leicht wäre, das eine vom anderen zu unterscheiden. So hat z.B. kürzlich eine FPÖ-nahe Initiative das Unibrennt-Logo, das unter einer freien Lizenz steht, für ihre Zwecke verwendet. Aus meiner Sicht ist ein Logo für eine Organisation so etwas wie persönliche Daten für eine Person. Es gibt also keinen Grund, es unter eine CC-Lizenz zu stellen. Aber es kann natürlich gute Gründe geben, es trotzdem zu tun. Und darüber, denke ich, wird es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch so manche Auseinandersetzung geben und viele Erfahrungen müssen erst gemacht werden.

4 thoughts on “Sharing oder privacy – oder beides?

  1. Wenn du deine Inhalte freigibst, dann willst du ja, dass andere diese nutzen und ggf. auch modifizieren. Dabei besteht immer ein Risiko, dass das nicht in deinem Sinne geschieht. Ein Logo nun zu einem persönlichen Datum zu erklären, finde ich etwas konstruiert. Hieran zeigt sich aber ganz gut der Konflikt: Will ich die unliebsamen Nutzer ausschließen? Wenn ja, schließe ich auch die liebsamen Nutzer aus. Und die Urheberrechtsfetischisten grinsen zufrieden.

    Auf der formal-rechtlichen Ebene bekommt man das Problem nicht gelöst.

  2. Ich sehe nicht, warum das konstruiert sein soll. Wenn jemand einen Text von mir in einem von mir nicht gedachten Sinn umarbeitet, dann wird er seinen und nicht meinen Namen drunterschreiben. Darum ist das auch ok. Wenn er meinen Namen drunterschreibt, kann ich ihn auch klagen, weil mein Name ist eindeutig kein Ding, das jeder nach Belieben verwenden kann. Weil er eben eine eindeutige Zuordnung von Dingen zu einer Person ermöglicht und das muss ich selbst entscheiden können, wo ich das haben will.

    Ein Logo hat die gleiche Bedeutung – wenn das Logo auf einer Webseite steht, dann wird die mit der betreffenden Organisation assoziiert und ob eine Organisation ihr Logo wo draufhaben will, muss sie entscheiden können (hoffentlich basisdemokratisch 😉 ). Damit wird in dem Fall die Organisation kompromittiert, aber es werden auch die Nutzer getäuscht. Es ist schlicht Etikettenschwindel. Stell dir vor, das würde mit den Fair-Trade-, Bio- oder Gentechnikfrei-Logos gemacht. Das ist natürlich ein kleiner Unterschied, weil hinter diesen Logos noch Zertifizierungsprozesse stehen. Aber, viele Menschen kaufen Dinge einfach, weil sie von einem bestimmten Hersteller kommen, wenn dann jemand das Logo woanders draufklebt, dann ist das einfach Betrug.

  3. Wenn jemand etwas als deines ausgibt, was nicht von dir ist, dann ist es eine Fälschung (die Sache ist also klar). Wenn jemand etwas von dir erlaubt umarbeitet, dir Attribution gibt und seinen Namen drunter setzt, ist es ok. So funktioniert CC. Das gilt auch für ein Logo. Ein Logo ist Content, ist ein kreatives Produkt, es ist kein persönliches Datum (wie etwa ein Name, Adresse etc.). Ein Logo fällt nicht unter Datenschutz, öffentliches Erkennen ist sein Zweck. Daher: Ein Logo zum persönlichen Datum zu erklären, trägt nicht.

    Es kann ja trotzdem Gründe geben, ein Logo nicht zur allgemeinen Nutzung freizugeben, aber dann schließe ich alle aus (z.B. die von dir genannten Zertifikate). Das muss ich mir gut überlegen: Wäre es praktikabel gewesen, wenn alle Unibrennt-Aktivisten zum Logo-Kreator hätten gehen müssen, um eine Erlaubnis zur Nutzung einzuholen? Wohl kaum. Hätte der Kreator präventiv alle missliebigen Nutzer ausschließen können? Schwer vorstellbar, schwer definierbar, neue Herrschaftsmechanismen entstünden etc.

    Deswegen: Rechtlich nicht lösbar. Ich wüsste jedenfalls nicht wie.

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