Die Europäische Kommission plant wieder einmal eine weitere Beschneidung staatlicher Kompetenzen, und zwar für den Bereich erneuerbarer Energie. Noch in diesem Frühjahr sollen Leitlinien für staatliche Beihilfen im Umwelt- und Energiebereich für den Zeitraum 2014-2020 verabschiedet werden. Die Einspeisetarife für erneuerbare Energie dürften demnach nicht mehr von den Staaten oder gar Bundesländern festgelegt werden, sondern folgen EU-weiten Standards, auch Anlagen für erneuerbare Energie müssen EU-weit ausgeschrieben werden. Es gibt in diesem Sektor natürlich nicht nur die großen Energieversorgungsunternehmen, sondern das betrifft vor allem auch Energiegenossenschaften, die Solaranlagen oder Windräder bauen, oder alle Projekte, bei denen es um nachwachsende Rohstoffe, Biomasse, Hackschnitzel, Stroh, usw. geht.

Auf der Webseite der Projektentwickler für Energiegenossenschaften sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

  • Einspeisetarifsysteme (also fixe Vergütungen) für erneuerbare Energien sind nur noch für Kleinstprojekte (PV-Anlagen bis 1 MW, Windkraft bis 5 MW oder 3 Anlagen) erlaubt
  • Empfohlen wird statt dessen ein Bietermodell, bei dem mittels Ausschreibungen festgesetzte Kapazitäten an zuzubauenden erneuerbaren Energien vergeben werden
  • Bei der Höhe der zulässigen Subventionen wird zwischen ausgereiften und nicht ausgereiften Technologien unterschieden. Diese Kategorisierung richtet sich allein nach dem EU-Marktanteil der jeweiligen Technologie, die Bedeutung für regionale Situationen spielt keine Rolle.
  • Umweltbeihilfen für Kohle- und Atomkraft sind weiter möglich (aktuell stuft der deutsche EU-Energiekommissar Günther Oettinger z. B. die Subvention von englischen Atomkraftwerken als „prüfenswert“ ein und spricht von Förderungen von 11 ct/kWh garantiert für 35 Jahre)

Dabei sind zwei Aspekte ganz wesentlich für das Gelingen der Energiewende, das heißt, dass wir ohne fossile Brennstoffe einen angemessenen Lebensstandard erhalten können: Die Dezentralisierung und die Demokratisierung. Dafür gibt es einen sozialen und zwei technische Gründe, mindestens, vermutlich gibt es noch mehr.

Die technischen:

  • Was jeweils in einer Region die am besten geeignete Kombination an Ressourcen für die Energieerzeugung ist, kann nur dort festgestellt werden, der EU-Marktanteil dieser Technologie spielt dafür sicher eine untergeordnete Rolle. Gerade in ländlichen, gering besiedelten Regionen werden oft Technologien sinnvoll sein, die einen geringen Marktanteil haben, gerade dort wären günstige Einspeisetarife wichtig, damit solche Technologien überhaupt eingesetzt werden können.
  • Nachwachsende Rohstoffe haben eine geringe Transportdichte, das bedeutet, wenn ich Stroh oder Hackschnitzel in der Gegend herumführe, brauche ich dafür mehr Energie, als ich daraus erzeugen kann. Die Energieeffizienz sinkt dramatisch, je weiter ich diese Dinge transportieren muss. Energie aus erneuerbaren Rohstoffen muss also dezentral und regional in kleinen Anlagen erzeugt werden, damit eine echte Einsparung an fossilen Brennstoffen und eine relavante Reduktion des CO2-Ausstoßes erreichbar sind. Eine EU-weite Ausschreibung ist diesbezüglich also kontraproduktiv.

Der soziale:

  • Wenn eine Energiewende gelingen soll, dann muss sie von unten kommen, von den Menschen, die die Energie verwenden. Menschen müssen miteinbezogen werden in des regionale Energiekonzept, noch besser, sie entwickeln es selbst. Energie ist optimal dafür geeignet als Commons organisiert zu werden. Regionale und lokale Energiegenossenschaften ermöglichen es, dass Menschen in den Regionen die Kontrolle über die Produktion der benötigten Energie selbst in der Hand haben und sie haben keinen Wachstumszwang. Es wird soviel Energie erzeugt, wie gebraucht wird. Weil das nicht immer exakt machbar ist, ist es notwendig, dass es einen ausreichenden Einspeisetarif ins Netz gibt, damit die Anlage kostendeckend betrieben werden kann. Dafür muss man aber nicht die ganze Energieversorgung aus der Hand geben.

Der Vorschlag der Kommission begünstigt große Energieversorgungsunternehmen, weil kleine lokale Initiativen diesen Bedingungen nicht genügen können. Das ist kein Wunder, denn diese Leitlinien werden ja auf Anregung (oder gar auf Druck?) dieser großen Unternehmen eingeführt, wie leider fast alle Regelungen auf EU-Ebene, zum Beispiel beim Saatgut oder im Lebensmittelhandel. Die – beabsichtigte oder unbeabsichtigte – Nebenwirkung solcher Regelungen ist, dass Selbstorganisation erschwert oder sogar verhindert wird. Solche Gesetze hindern Menschen daran, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen, selbst zu entscheiden, wie sie in Zukunft leben wollen. Solche Gesetze sind genau das Gegenteil von guten Rahmenbedingungen für Commoning und sie werden immer mehr.

Bis 14. Februar sind Einsprüche gegen die geplanten Leitlinien für die Förderung erneuerbarer Energie möglich, die Elektizitätswerke Schönau haben einen Protestbrief verfasst, den man hier herunterladen und an die zuständige Stelle schicken kann. Damit Commoning nicht noch schwieriger wird.