In meinem Bericht von Düsseldorf über das „Niemandsland“ hatte ich ja geschrieben, dass es sich eigentlich um ein „Jedermannsland“ handelt. Nur wenige Tage später, bei einem Symposium an der Technischen Universität Wien (es gab dort auch einen Workshop zu Commons) lernte ich das Projekt „Jederland“ kennen.
Zwei Frauen des Bozener Kunstprojekts Lungomare waren gekommen um eines ihrer Projekte mit dem verheißungsvollen Titel „Symbolische Aktionen für die Gegenwart“ vorzustellen. Commons waren ein zentrales Thema in dem Projekt. Dabei wurde die Idee zum „Jederland“ als künstlerische Intervention im öffentlichen Raum geboren. Es sollten 4 m2 Land in der Stadt von Bozen zu einem Commons gemacht werden. Auf der Webseite heißt es:
Das Projekt “Jederland” setzt sich mit den Themen Eigentum und Besitz auseinander und mit den damit verbundenen Machtstrukturen, die unser Zusammenleben beeinflussen. “Jederland” möchte ein Grundstück aus seinem Eigentumsstatus befreien, um es den Machtverhältnissen zu entziehen, denen es gewöhnlich unterliegt. Ein so geschaffener Ort des Vakuums innerhalb der städtischen Struktur, soll rigide Gewohnheiten und Systeme aufheben. Ein Denkraum zur Entwicklung neuer Möglichkeiten des Zusammenlebens entsteht. Das im Stadtraum Bozen gelegene Grundstück soll einerseits die Hinterfragung der Grenzen rechtlicher Eigentumsregelungen veranlassen, und anderseits eine öffentliche Diskussion um Eigentum, Privatbesitz, Gemeinschaft und gemeinschaftliches Gut initiieren. Angesichts allgegenwärtiger territorialer Konflikte, spielt unsere Bereitschaft diese eingefahrenen Begriffe neu zu überdenken, eine bedeutende Rolle.
Der Jurist und Commons-Experte Ugo Mattei, der unter anderem auch die Statuten für das Teatro Valle Occupato in Rom verfasst hat, hatte bereits Statuten für dieses Land entworfen – es wurde dann doch nichts draus. Einerseits reichte das Geld nicht aus. Die Künstlerinnen wollten ihre Gage dafür verwenden, dieser reichte jedoch nicht aus, um 4 m2 Grund im Zentrum von Bozen zu kaufen!
Andererseits war es unmöglich, eine Rechtsform zu finden, die es ermöglicht hätte, diese Statuten umzusetzen. Im italienischen Recht gibt es keine geeignete Rechtsform, und auch in den meisten anderen europäischen Ländern nicht.
Natürlich können in der Praxis bestehende Rechtsformen genutzt werden, um Commons herzustellen. Über den Umweg des Privateigentums eines Vereines, einer Genossenschaft oder auch einer Privatperson kann Land für die Nutzung als Commons zur Verfügung gestellt werden, so wie bei einer CC-Lizenz das Urheberrecht benutzt wird, um ein Werk frei zu geben. Oder die öffentliche Hand kann als Treuhänder auftreten. Aber solche Umwege wollten die KünstlerInnen nicht nehmen. Es schien ihnen durchaus im Sinne ihrer Intervention aufzuzeigen, dass es gar nicht möglich ist, Land aus den bestehenden Machtinstitutionen wie Staat oder Privateigentum herauszunehmen.